
Die heiße Mittagssonne brannte unbarmherzig auf die Savanne herab. Unter einem großen Akazienbaum lag Löwe Ludwig und dachte nach. Neben ihm tobten Zebra Susi und Erdmännchen Gunnar durch das Gras und spielten Verstecken.
Plötzlich hielt Gunnar inne und rief: „Hey Ludwig, wir haben doch ausgemacht, dass du heute mitkommst und das Nachdenken auf morgen verschiebst! Lass uns den alten Flusslauf erkunden. Vielleicht gibt es dort etwas Spannendes zu entdecken!“
Ludwig hob den Kopf und brummte: „Na gut. Ein bisschen Abwechslung kann wohl wirklich nicht schaden.“ Gunnar und Susi lachten, denn sie wussten, dass Ludwig bei ihren Ausflügen meistens derjenige war, der am Ende am meisten Spaß hatte.
Die drei Freunde machten sich auf den Weg. Der alte Flusslauf war umgeben von hohem, stacheligen Gras und einigen widerspenstigen Büschen. Anders, als im Rest der Savanne, hatten die Pflanzen hier ausreichend Wasser und konnten sich großflächig ausbreiten.
„Hier war schon lange keiner mehr“, bemerkte Susi, während sie mit ihren Hufen das Gras zur Seite schob und keinerlei Spuren im feuchten Sand entdeckte. Doch plötzlich entdeckte Gunnar einen schmalen Pfad, der von etlichen Ranken überwuchert war. „Schaut mal, da führt ein Weg entlang! Lasst uns mal nachsehen, wohin er führt.“
Die Freunde folgten dem Pfad, bis sie vor einer großen Hecke aus dichten, dornigen Sträuchern standen. Dahinter lugte etwas hervor, das wie die Spitze eines Tores aussah. „Ein Tor mitten im Nirgendwo?“, fragte Susi verblüfft.
Gunnar war der kleinste von den drei Freunden und ging mutig voraus. Er betrachtete das Tor genau und versuchte mit seinen flinken Pfoten einen Spalt oder eine Öffnung am Schloss zu finden. Doch das Tor war nicht zu öffnen. Also umrundeten sie noch einmal in Ruhe die dichte Hecke. „

Hier muss es doch einen Eingang geben“, sagte Susi entschlossen. Und tatsächlich: Nach kurzer Zeit entdeckte Gunnar eine winzig kleine Lücke in der stacheligen Hecke. „Da passe ich locker durch!“, sagte er entschlossen und im Nu befand er sich auf der anderen Seite.
„Gunnar. Warte doch! Da passen wir niemals durch!“, sagte Ludwig etwas genervt. Doch Gunnar hörte gar nicht mehr, was sein Freund zu ihm sagte. Stattdessen offenbarte sich ihm ein magischer Anblick: Ein geheimer Garten, umgeben von hohen Mauern, an denen die farbenprächtigsten Blumen empor rankten.
Exotische Bäume trugen saftige Früchte und in einem kleinen Springbrunnen sprudelte kristallklares Wasser empor. Die Luft duftete nach Blüten, und überall summten Bienen und flatterten bunte Schmetterlinge.
„Das ist wirklich kaum zu glauben. Kann mich mal bitte jemand kneifen!“ rief Gunnar begeistert und begann, zwischen den Blumenbeeten fröhlich umher zu hüpfen. Jetzt merkte er, dass seine Freunde noch gar nicht im Garten waren, sondern noch auf der anderen Seite der hohen Hecke warteten.
„Ihr müsst euch das ansehen!“, rief Gunnar aufgeregt und lief schnell zum Gartentor, um es mit gekonnten Handgriffen von innen zu öffnen. Vorsichtig gingen nun auch Susi und Ludwig in den Garten und bestaunten die farbenprächtige Vielfalt.
„Es ist wunderschön, aber wer hat diesen Garten angelegt? Wir sind schließlich mitten in der Savanne?“ fragte Ludwig und murmelte nachdenklich in seine Mähne.
Während die drei Freunde den Garten weiter erkundeten, entdeckten sie eine kleine Hütte hinter einem mächtigen Affenbrotbaum. Die Tür stand einen Spalt weit offen, und Gunnar, der vor Neugier fast platzte, schob sie vorsichtig auf.
Drinnen lagen alte Werkzeuge, Blumentöpfe und verstaubte Bilderrahmen. Eines der Bilder zeigte eine Gruppe von Tieren, die gemeinsam im Garten arbeiteten und lachten. Ein großes Stachelschwein mit beeindruckenden Stacheln stand in der Mitte. „Das muss der Gärtner gewesen sein,“ sagte Gunnar, während er das Bild den anderen zeigte.
„Es sieht so aus, als hätten hier früher viele Tiere zusammen diesen Garten gepflegt,“ stellte Susi fest. Ludwig nickte. „Aber warum ist er jetzt verlassen? Und warum war die Hecke so dicht, dass niemand hineinkommen kann?“ fragte er laut.
Plötzlich raschelte es hinter ihnen, und ein tiefes, knurrendes Grummeln ertönte. Die Freunde drehten sich erschrocken um und sahen ein altes Stachelschwein, das sie mit funkelnden Augen ansah und bedrohlich knurrte. „Was macht ihr hier?“ fragte es mit rauer, unfreundlicher Stimme. „Das ist mein Garten, und ihr habt euch einfach ungefragt Zutritt verschafft!“
Susi trat mutig vor. „Wir haben den Garten zufällig entdeckt und sind fasziniert von der Schönheit. Wir wussten nicht, wem er gehört. Dieser Ort sah so verlassen aus. Entschuldige, dass wir einfach durch das Tor gegangen sind.“
In dem Moment wedelte Gunnar mit einem der verblichenen Fotos umher. „Bist du das hier auf dem Bild?“, fragte er das Stachelschwein, welches verblüfft das mutige Erdmännchen begutachtete.
„Ja, das bin ich. Und neben mir seht ihr viele andere Tiere, die vor langer Zeit gemeinsam mit mir diesen besonderen Ort erschaffen haben. Es hat viele Jahre gedauert, bis wir diese Wasserquelle gefunden haben. Der Brunnen versorgt diesen Garten mit Wasser und nur deshalb wächst hier alles so wunderbar und prächtig. Als wir die Obstbäume angepflanzt hatten, wollten wir unseren Garten mit allen teilen, damit auch die anderen Tiere der Savanne davon profitieren. Doch anstatt es wertzuschätzten, wurde der Garten in kürzester Zeit geplündert, zertrampelt und das Wasser im Brunnen verschmutzt.“
Das alte Stachelschwein erzählte den drei Freunden von den wilden Affen, die nicht teilen wollten und das Obst von den Bäumen rissen und den Elefanten, die rücksichtslos alles zertrampelten und den vielen Vögeln, die das Wasser zum Baden nutzten und es somit ungenießbar machten.
Während es von den Geschehnissen erzählte, wirkte es müde und traurig. Auch Susi, Ludwig und Gunnar ärgerte das Verhalten der anderen Tiere sehr. „Deshalb hast du dich also dazu entschieden den Garten vor den anderen zu verstecken?“ fragte Ludwig vorsichtig.
Das Stachelschwein zögerte und wandte sich ab. „Ja, ich dachte, es sei die bessere Entscheidung, diesen Ort zu schützen.“ Das Stachelschwein legte eine Pause ein und sagte dann: „Doch jetzt bin ich alt und schwach und schaffe die Arbeit kaum noch.“
Die drei Freunde sahen sich an. Ohne lange zu überlegen beschlossen sie dem Stachelschwein zu helfen. „Wir bringen hier alles auf Vordermann und werden den Garten danach wieder für alle Tiere der Savanne öffnen! Doch diesmal gibt es Regeln, an die sich jeder zu halten hat.“, sagte Susi überzeugend.
Ein kleines Lächeln huschte über das Gesicht des Stachelschweins, doch dann kamen ihm erneut Zweifel auf. „Doch was machen wir, wenn der Garten wieder überrannt und ausgebeutet wird?“, fragte es. Doch Susi schnaubte.
„Du glaubst doch nicht, dass sich eine wilde Affenbande oder ein tollpatschiger Elefant mit einem Löwen, wie Ludwig anlegt?“, sagte sie mit einer energischen Stimme und gab Ludwig zu verstehen, dass er einmal angsteinflößend Brüllen sollte.
„Na gut! Ihr habt mich überredet“, sagte das Stachelschwein. „Wir sehen uns also morgen früh bei der Gartenarbeit.“ Dann verschwand es wieder in der kleinen Gartenhütte und schloss die Tür hinter sich.
Schon am nächsten Tag kamen die drei Freunde erneut zur Hecke. Diesmal klopften sie vorsichtig gegen das Tor.
„Ich habe euch bereits erwartet“, rief das Stachelschwein und begrüßte die drei mit einem freundlichen Lächeln. „Hier findet ihr alles an Werkzeug, was ihr benötigt. Wir sollten heute damit beginnen, zuerst alle Pflanzen zu stutzen und sie danach zu bewässern.“
Ludwig war der Größte und Geschickteste und schnitt die Hecken und Büsche. Susi befestigte zwei Eimer auf ihrem Rücken und transportierte das Wasser zu allen Pflanzen im Garten, um sie ordentlich zu bewässern. Gunnar, der flink und schnell war sammelte währenddessen das alte, verdorbene Fallobst auf und legte es auf den kleinen Komposthaufen in einer schattigen Ecke des Gartens.
„Gar nicht so schlecht für den ersten Tag!“, sagte das Stachelschwein zufrieden und verabschiedete sich erneut. Und so trafen sich die vier nun täglich, bis der Garten wieder im alten Glanz erschien.
„Ich glaube es ist an der Zeit, dass wir den Garten mit allen Tieren der Savanne teilen,“ sagte Susi. „Was meint ihr?“ Ludwig und Gunnar nickten und waren gespannt darauf zu sehen, wie ihre Freunde und Familien staunend durch die schönen Beete spazieren würden.
Nur das Stachelschwein blickte nach unten. „Es fällt mir nicht leicht, aber ich denke wir sollten es versuchen.“ Susi klatschte begeistert. Und so verabschiedeten sie sich erneut. Als die drei Freunde zu Hause unter Ludwigs Akazienbaum saßen, beschlossen sie ein Plakat zu malen. „Wir sollten Regeln für den Eintritt zum Garten aufschreiben. Dann wissen alle Tiere, wie sie sich zu verhalten haben“, schlug Ludwig vor.
Als der große Tag gekommen war, machten sich Ludwig, Susi und Gunnar früh am Morgen auf den Weg zum geheimen Garten. Dann öffneten sie feierlich das Tor und ließen die ersten Tiere eintreten. Neugierige Zebras, Giraffen, Antilopen und sogar einige Affen schauten sich staunend um.
Dann öffneten sie feierlich das Tor und ließen die ersten Tiere eintreten. Neugierige Zebras, Giraffen, Antilopen und sogar einige Affen schauten sich staunend um.
„Das ist ja unglaublich! So einen wunderschönen Ort habe ich noch nie gesehen!“, rief ein junger Elefant begeistert. Doch kaum hatte er das gesagt, hob er seinen Rüssel, um eine der leuchtenden Früchte direkt vom Baum zu pflücken.
„Halt!“, rief Ludwig mit seiner tiefen Löwenstimme. Der Elefant zuckte erschrocken zusammen. „Denk an die Regeln!“, mahnte Susi freundlich. Der Elefant senkte seinen Rüssel und nickte. „Entschuldigung! Ich werde vorsichtiger sein.“
Das Stachelschwein stand am Rand und beobachtete alles mit wachsamen Augen. Anfangs war es noch skeptisch, aber als es sah, wie respektvoll die Tiere mit dem Garten umgingen, entspannte es sich allmählich.
Schon bald genossen alle Tiere das frische Wasser, pflückten vorsichtig die reifen Früchte und halfen sogar mit, welke Blätter und Äste zu entfernen. Gunnar erklärte den kleineren Tieren, wie man neue Samen pflanzt, während Susi sich um den Wassernachschub kümmerte.
„Ich hätte nie gedacht, dass so viele Tiere zusammenarbeiten können, um etwas zu bewahren“, murmelte das Stachelschwein gerührt.
Ludwig trat neben ihn. „Du hast all das hier geschaffen. Und jetzt sorgen wir gemeinsam dafür, dass es für immer ein besonderer Ort bleibt.“
Das Stachelschwein lächelte und nickte. „Vielleicht war es doch die richtige Entscheidung, den Garten wieder zu öffnen.“
Weitere Gute-Nacht-Geschichten:
Weitere interessante Artikel: