Der Ritter und der letzte Drache

Der Ritter und der letzte Drache
Zusammenfassung:
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Ritter Alric erhält einen ungewöhnlichen Auftrag vom Prinzen: er soll eine Drachenschuppe aus dem Feuergebirge zu ihm bringen. Doch der Weg dorthin ist voller Überraschungen.

In einem weiten, blühenden Tal lag ein prächtiges Königreich. Dort lebten Bauern, Händler und Handwerker, die auf den bunten Märkten ihre Waren tauschten. Kinder spielten in den Gassen, während Ritter in glänzenden Rüstungen durch die Straßen ritten. 

Einer von ihnen war Alric, tapfer und treu, stets bereit für neue Abenteuer. Doch eines Tages rief ihn Prinz Theodor auf den Königshof. 

Theodor war der älteste Sohn von König Valentin. Er galt als sanftmütig und viel zu nett. Er selbst konnte keiner Fliege etwas zu Leide tun und deshalb traute man ihm das neue Amt des Königs nur wenig zu. 

Um zumindest seiner zukünftigen Prinzessin zu imponieren, hatte Prinz Theodor eine wichtige Aufgabe für den Ritter. „Finde den letzten Drachen im Feuergebirge und bringe mir eine seiner kostbaren Glitzerschuppen als Beweis. Stell dir nur das Staunen der Prinzessin vor, wenn sie dieses seltene Juwel bei unserer Vermählung erhält!“, murmelte Theodor stolz. 

Alric gehorchte dem Auftrag des Prinzen. Was blieb ihm auch anderes übrig. 

Er hatte den Drachen schon oft am Himmel gesehen, wenn er über das Königreich flog und mit kleinen Feuerstößen förmlich die Wolken berührte. Doch niemand wusste, wo er lebte. 

So machte sich der Ritter auf den Weg und ritt viele Tage durch Wälder, über Wiesen und hinauf zu den kargen Felsen des Feuergebirges. Hier gab es unzählige Höhlen und Krater. Immer wieder stieg heißer Qualm aus den Felsspalten hervor. 

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Alrics Suche gestaltete sich mühselig. Die Höhlen waren groß und schlängelten sich tief in das Gebirge hinein. Jedes Mal, wenn er eine der dunklen Höhlen betrat, musste er so vorsichtig sein, als könnte der Drache jeden Augenblick hervorkommen und ihn mit nur einem Happen verspeisen. Doch jedes Mal kam Alric enttäuscht und erschöpft aus der Höhle zurück ans Tageslicht. 

Eines Abends saß Alric am Lagerfeuer um etwas zu rasten. Der Mond hing wie eine Laterne am Himmel und beleuchtete die Berge in einem hellen Licht. 

Da entdeckte Alric plötzlich in der Ferne eine Höhle, die ihm zuvor noch nie aufgefallen war. Neugierig machte er sich mit einer Fackel auf den Weg. Vor dem Eingang lagen verkohlte Steine, und ein warmer Wind strich durch seine Haare. Plötzlich zogen Alrics Muskeln zusammen. Er war sich nun sicher: „Hier muss es sein“, murmelte er und trat vorsichtig ein.

Tief in der Höhle lag der Drache. Sein Schuppenkleid glitzerte in allen Farben, und seine Augen funkelten klug und freundlich. „Warum bist du hier, Ritter?“, fragte der Drache mit tiefer Stimme.

Alric schluckte. „Ich wurde vom Prinzen geschickt, um dich zu finden.“ Er wollte noch mehr sagen, doch beim Anblick des mächtigen Drachens versagte ihm die Stimme. 

Der Drache schnaubte leise und senkte den Kopf. „Und du glaubst, man kann hier herkommen und mich besiegen, nur weil dein Prinz darum bittet? Schon viele Ritter standen hier in meiner Höhle und wollten einem ihrer Herrscher etwas von mir bringen.“ 

Alric schluckte erneut und fragte nun mit zitternder Stimme: „Und was ist aus den anderen Rittern geworden?“ Der Drache schnaubte nun lauter und scharrte mit seinen Krallen auf dem Höhlenboden. 

Er machte dabei eine fließende Bewegung und zeigte in die dunkle Ecke tief im inneren der Höhle. Im Schein seiner kleinen Fackel, erkannte Alric einen hohen Berg mit glänzenden Rüstungen. Auch ein Helm mit dem Wappen seines Königreichs war zu sehen. 

„Der Prinz hatte also bereits vor mir jemanden zu dir geschickt?“ Alrics Beine begannen zu schlottern. Nun senkte der Drache seinen Kopf: „Keine Angst! Ich habe sie nicht gefressen, falls du das denkst. Ich habe sie nur vor der schweren Last ihrer Rüstung befreit.“ 

Alric dachte einen Moment nach. Auch er empfand seine Rüstung oft als schwer. Und die Aufträge, die ihm erteilt wurden, waren häufig eine große Last, weil sie nur schwer zu erfüllen waren. 

Alric sah dem Drachen in die Augen. Er dachte an die vielen Tage der Suche, an die Geschichten von furchtbaren Bestien – und an die Belohnung, die ihm versprochen wurde. Doch dann sah er das sanfte, weise Wesen vor ihm. 

„Nein“, sagte er schließlich. „Ich werde nicht versuchen, dich zu fangen. Aber ich habe eine Idee, wie wir der Suche nach dir ein Ende bereiten können.“ Alric erzählte dem Drachen von dem Prinzen und dass er die Drachenschuppe als Geschenk zur Vermählung benötigt. 

„Wenn du mir eine Schuppe gibst, werde ich allen erzählen, dass ich dich besiegt habe und niemand anderes wird mehr nach dir suchen müssen.“ 

Der Drache sah ihn lange an. Dann wandte er sich ab und schritt langsam durch die Höhle. Es dauerte eine ganze Weile, bis er etwas sagte. 

„Ich habe lange Zeit niemandem mehr vertraut“, murmelte er schließlich. „Wie soll ich wissen, dass du dein Wort hältst? Dass du nicht doch noch andere Ritter hierher mitbringst?“ 

Alric trat näher und legte seine Hand auf den Boden. „Ich gebe dir mein Ritterversprechen. Es ist der stärkste Schwur, den ich leisten kann.“

Der Drache hielt inne. Insgeheim gefiel ihm die Idee des Ritters. Er war müde davon geworden, andauernd in seinem tiefen Schlaf gestört und überfallen zu werden. 

Schließlich und mit einem langsamen Nicken, löste er mit seiner Pranke eine einzelne Schuppe von seinem Rücken und hielt sie in die Höhe. „Sie glitzert wie ein Diamant“, flüsterte Alric begeistert. „Gib gut auf sie Acht“, raunte der Drache und senkte den schweren Kopf zur Verabschiedung.

Alric nahm die Schuppe vorsichtig entgegen. „Das verspreche ich dir.“

Als er in das Königreich zurückkehrte, staunte der Prinz über die wunderschöne Schuppe. „Wie hast du das nur geschafft?“, fragte er und sah dabei verwundert zu seinem Vater hinüber. 

Alric versuchte mit einer düsteren Miene aufzutreten: „Das bleibt mein Geheimnis. Aber nach dem Drachen braucht nun niemand mehr zu suchen.“

Am nächsten Tag ließ der Prinz im ganzen Königreich verkünden, dass der Drache gefunden und bezwungen wurde. 

Der Hochzeit mit der Prinzessin stand nun nichts mehr im Wege. Überall im Tal wurden Blumen gepflückt, Festtische aufgebaut und Lieder geübt. Und tief im Feuergebirge schlief der letzte Drache friedlich weiter. Nie wieder kam ein Ritter in seine Höhle und niemand störte mehr seinen Schlaf.

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