Die Meerjungfrau Esmelda

Die Meerjungfrau Esmelda
Zusammenfassung:
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In einer idyllischen Bucht kämpfen die Meeresbewohner mit einem Algenteppich, der ihre Existenz bedroht. Meerjungfrau Esmelda, die für ihre mystischen Kräfte bekannt ist, offenbart schließlich ihre Fähigkeiten. Mit Hilfe eines magischen Korallenorchesters rettet sie die Tiere, ohne dass ihr Geheimnis preisgegeben wird.

In einer abgeschiedenen Bucht lebte eine Meerjungfrau namens Esmelda. Sie war wunderschön und gütig. Die Bewohner der Bucht sahen sie jedoch nur sehr selten. Doch das bloße Wissen ihrer Anwesenheit beruhigte sie. 

Man munkelte, dass die junge Meerjungfrau auf ewig leben würde und dass sie schon Hunderte von Jahren in den Korallen und Felsen dieser Meerenge wohnte. 

Doch vor allem eines erzählten sich die Meeresbewohner immer wieder aufs Neue: Esmelda sollte besondere Fähigkeiten haben, die sie aber niemals zur Schau stellte. 

An einem warmen Sommertag bemerkten die Fische, dass sie plötzlich schlechter atmen konnten. „Es fühlt sich stickig an, als wäre das Wasser verklebt“, sagte Luca, der kleine Regenbogenfisch, zu seiner Mutter. 

Auch andere Fische beklagten sich darüber und schickten Sally, das Delfinmädchen, an die Wasseroberfläche. „Sieh bitte nach, weshalb wir so schlecht durch unsere Kiemen atmen können.“

Sally schwamm geschwind an die Wasseroberfläche und bemerkte sofort, dass auf der sonst so klaren Oberfläche ein dicker Teppich aus orangefarbenen Algen klebte. „Kein Wunder, dass die Fische so schlecht atmen können“, dachte sie sich. 

„Wir müssen versuchen, den Algenteppich zu entfernen.“ Gemeinsam mit den anderen Tieren überlegte sie, wie sie die Wasseroberfläche befreien konnten. Doch ausgerechnet jetzt bewegte sich keine einzige Welle über die Bucht hinweg. 

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Ein Tintenfisch schlug vor, die alte Krake in der Höhle zu bitten, die Oberfläche mit ihren vielen Armen freizuschaufeln. Die anderen stimmten seinem Vorschlag zu. So kam die Krake zu Hilfe, doch es brachte nichts. 

Nun bat Delfinmädchen Sally den Seeadler darum, mit seinen Krallen den Algenteppich im Sturzflug zu zerreißen. Doch auch das brachte nichts. 

Sogar ein großer Wal versuchte, mit seiner Schwanzflosse die klebrige Schicht zu zerschmettern. Doch auch dieser Versuch blieb erfolglos. 

So mussten die Meeresbewohner aufgeben und dabei zusehen, wie die Bucht Tag für Tag immer dunkler wurde. Es gelang kaum noch Tageslicht an den Meeresgrund. 

Die Regenbogenfische waren nicht mehr leuchtend bunt, sondern sahen trist und grau aus. Die Tiere bekamen immer schlechter Luft und ließen sich müde und kraftlos im Wasser treiben. 

Als ein weiterer Tag ohne Sonnenlicht anbrach und die Fische immer kränklicher wurden, bemerkten die beiden Regenbogenfische Luca und seine kleine Schwester plötzlich eine glitzernde Schwanzflosse hinter einem hohen Felsen. 

Luca gab seiner Schwester zu verstehen, dass sie jetzt ganz leise sein mussten. „Sieh nur, Mathilde. Ich glaube, dass das die Schwanzflosse von Esmelda ist.“ 

Luca hatte den Erzählungen seiner Großeltern immer ganz besonders gern zugehört. Er hatte nie daran gezweifelt, dass es diese besondere Meerjungfrau wirklich geben könnte. 

Sie schwammen immer näher an den Felsen heran und konnten ihren Augen nicht trauen. „Esmelda! Das ist sie!“, dachte sich Luca. In keiner Geschichte hatte man sie so schön beschrieben, wie sie wirklich war. 

Um sie herum schwebte ein feiner Dunst aus funkelnden Luftblasen. Sie verbreitete beim bloßen Anblick Helligkeit und Hoffnung. 

Luca sah seine kleine Schwester an, die immer schlechter Luft bekam. Er nahm all seinen Mut zusammen und flüsterte leise: „Esmelda?“ Im Nu drehte sich die Meerjungfrau zu den beiden Geschwistern um. 

„Du kennst meinen Namen, kleiner Regenbogenfisch?“, fragte die Meerjungfrau überrascht. Luca berichtete ihr davon, dass er schon immer gehofft hatte, sie eines Tages einmal in der Bucht zu sehen. 

Doch nun brauchten sie ihre Hilfe. Er schilderte ihr aufgeregt, dass alle Bewohner in Gefahr waren und zeigte dabei auf seine kleine Schwester, die müde und schwach wirkte. 

Ihre schönen, bunten Schuppen waren mittlerweile grau und spröde geworden. Die Kraft zum Schwimmen wurde immer geringer. „Wir haben kaum noch genügend Luft zum Atmen, Esmelda. Wir haben alles versucht, aber wir schaffen es einfach nicht.“ Dabei zeigte er mit der Flosse zur Wasseroberfläche. 

Esmelda sah nun den schweren Teppich aus giftigen Algen. In Ihren Augen war plötzlich große Traurigkeit zu erkennen. „Ich werde euch helfen!“, sagte sie. „Aber ihr dürft niemandem von unserer Begegnung erzählen.“ 

Die beiden Geschwister sahen sich an und nickten. Sie versprachen es. Doch Luca war so gebannt von der Einzigartigkeit des wunderbaren Wesens, dass er seine kleine Schwester nach Hause brachte und dann erneut zu dem Ort der Begegnung zurückkehrte. 

Und tatsächlich: In weiter Ferne konnte er Esmeldas glänzende Schwanzflosse erkennen. Er schwamm so schnell er konnte hinter ihr her. 

„Ich werde mein Versprechen halten und niemandem von dir erzählen, doch möchte ich sehen, wie du uns helfen möchtest.“ An einer großen Höhle in einem riesigen Felsen verschwand Esmelda geräuschlos. 

Es war dunkel und Luca hatte etwas Angst, ihr zu folgen. Doch er verließ sich auf sein Gespür und schwamm ihr hinterher. Er versteckte sich hinter einem großen Stein auf dem prächtig glänzende Muscheln saßen. 

Neugierig betrachtete er sie und warf erst dann einen Blick in das Innere der Höhle. Er konnte seinen Augen kaum trauen. Der Bauch der Höhle war hell und erstrahlte in den schönsten Farben, die er je gesehen hatte. 

Überall waren bunte Korallen, die im hellen Licht schimmerten und sich wie im Takt in der Strömung bewegten. Doch was war das? Es waren keine zufälligen Bewegungen, die er eben beobachtet hatte. 

Erst jetzt bemerkte er den sanften, wunderbaren Klang, der aus der Höhle hinausströmte. Luca war wie gebannt von der Musik, die er zum ersten Mal in seinem Leben hörte. Er traute sich aus seinem Versteck hervor, um noch besser erkennen zu können, was dort passierte. 

Nun sah er, dass Esmelda auf einer Empore saß. In der Hand hielt sie einen Stab aus Perlmutt. Sie bewegte ihn sanft in die eine und dann in die andere Richtung. Das Wasser begann sich plötzlich um sie herum aufzutürmen und kreisförmig hinauf zur Oberfläche aufzusteigen.

Luca verstand, dass die wundersame Melodie von den Korallen kam. „Es ist ein Orchester!“, dachte Luca begeistert. „Esmelda führt ein Korallenorchester. Doch warum macht sie das alles?“

Im selben Moment waren die erschöpften Bewohner damit beschäftigt, die letzte Nahrung, die sie fanden, unter allen Tieren aufzuteilen. Es war viel zu wenig für alle. 

Im Laufe der Zeit waren die Nahrungsquellen fast vollständig aufgebraucht. Doch dann geschah etwas Sonderbares. Ein heller Lichtstrahl blendete die Tiere plötzlich und erregte ihre Aufmerksamkeit. 

Da rief ein großes Seepferdchen: „Seht nur da oben!“ und zeigte an die Wasseroberfläche. Nun waren alle Blicke Richtung Himmel gewandt. 

Sie sahen, dass sich ein riesiger Strudel gebildet hatte, der den Algenteppich mit großer Kraft aufriss und Stück für Stück beiseite zog. „Wir werden gerettet!“, riefen die Tiere erleichtert im Chor. 

Esmelda legte erschöpft den schönen Stab aus Perlmutt ab und das Orchester begann zu verstummen. Als sie sich umdrehte, begegnete sie Lucas Blick und richtete den Stab auf ihn. 

In dem Moment vergaß Luca alles, was er gesehen hatte und Esmelda konnte sicher sein, dass ihr Geheimnis auch weitere hundert Jahre gewahrt blieb. 

Als Luca zu den anderen Tieren zurückkehrte, empfingen sie ihn freudestrahlend. „Luca! Wir wurden gerettet! Wo warst du denn bloß?“ 

Der kleine Regenbogenfisch zuckte unwissend mit den Schultern. Er konnte sich an nichts mehr erinnern, aber ein Lächeln in seinem Gesicht zeugte davon, dass er Zeuge von etwas ganz Besonderem geworden war. 

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