
In einem kleinen Königreich, umgeben von einem dichten Wald, lebte ein König mit seiner einzigen Tochter in einem wunderschönen Schloss. Katharina Marie Theresia Florentina von Schönthal Waldeshausen war der Name der Prinzessin. Der Name der Prinzessin war so lang, dass sie jeder auf dem Schlosshof nur „Kathi“ nannte.
Da Kathi die einzige Tochter des Königs war und er sie über alles auf der Welt gern hatte, las er ihr jeden Wunsch von den Lippen ab. Er war ein gutmütiger König und wollte, dass sein geliebtes Kind so glücklich wie möglich aufwächst.
Doch genau das Gegenteil trat ein. Prinzessin Kathi wurde eingebildet und zickig und verlangte stets vollste Aufmerksamkeit. Wenn ihre Wünsche nicht sofort erfüllt wurden, verschlechterte sich ihre Laune augenblicklich. Sie behandelte alle Diener unfreundlich und sprach zu ihnen selten in ganzen Sätzen. So verlangte Kathi an einem schneebedeckten Wintertag augenblicklich ein Eis mit frischen Erdbeeren, obwohl weit und breit kein frisches Obst aufzutreiben war.
Kathi war eigentlich ein liebes Mädchen, doch weil sie alles bekam, was sie sich wünschte, forderte sie auch von ihren Schneiderinnen schier unmögliche Dinge. An einem Tag wollte sie ein rosafarbenes Kleid mit gelben Diamanten bestickt. Doch schon am nächsten Tag fand sie die Farbe gelb ganz abscheulich und verlangte nun rote Steine auf dem Kleid.
Doch nach einiger Zeit verspürte Prinzessin Kathi Langeweile. Es gab keinen Wunsch, der ihr jemals abgeschlagen wurde. Kathi fiel nichts mehr ein, was sie mit ihrem Tag anfangen konnte. Denn je mehr Sachen sie sich wünschte, desto weniger Spaß machte es ihr, damit etwas anzufangen.
Als der König bemerkte, dass seine Tochter unglücklich wurde und sich sehr langweilte, ordnete er an, jeden Tag eine goldene Kutsche anzuspannen und die Prinzessin durch den schönen Wald spazieren zu fahren. Zudem würde seine Tochter von der frischen Luft ihre rosigen Wangen behalten, wie es sich für eine Prinzessin gehörte.
An einem Tag war Kathi besonders mürrisch. Nichts gefiel ihr: Das Essen schmeckte ihr nicht, das wunderschöne rosa Kleid kratzte plötzlich am Hals und auch die goldene Kutsche war nicht bequem genug für den holprigen Weg durch den Wald.
Sie schaute gelangweilt und unzufrieden aus dem goldgerahmten Fenster der Kutsche und… was war das? Sie sah ein schneeweißes Geschöpf mit einem wunderschönen, glitzernden Regenbogen hinter einem Baum aufblitzen. Kathi befahl dem Kutscher sofort anzuhalten und lief in Richtung des Regenbogens, der sich aber im Nu auflöste. Neugierig lief sie auf Zehenspitzen in den dichten Wald hinein.
„War das hier?“, fragte sich Kathi. „Was konnte das nur für ein Wesen gewesen sein?“ Kathi hatte noch nie zuvor etwas so schönes gesehen. „Ich will es sofort wiedersehen!“, stampfte sie mit ihrem zierlichen Fuß auf den Waldboden. So machte sie es auch im Schloss, wenn sie etwas unbedingt haben wollte.
Sie schaute hinter jeden Baum, aber konnte nichts entdecken. Nicht einmal eine Spur im feuchten Boden war zu erkennen. Sie lief noch ein Stück nach vorne und erblickte eine Lichtung in einem wundersamen, hellen Licht. In der Mitte erblickte Kathi ein schneeweißes… Pferd? War es wirklich ein Pferd? Kathi sah zu der Kutsche und den königlichen Pferden… Nein! Es war kein gewöhnliches Pferd. Es hatte ein großes, weißes Horn auf dem Kopf, welches im Licht glänzte wie ein Kristall. So ein Wesen hatte die Prinzessin noch nie gesehen, obwohl sie viele Tiere des Waldes recht gut kannte.
„Wer bist du?“, rief sie in die Lichtung. „Ich bin ein Einhorn“, sagte das fremde Wesen. „Ich habe mich verlaufen! Deine goldene Kutsche hat in der Sonne so sehr gestrahlt, dass ich dem Glanz bis hierhin gefolgt bin.“ Kathi bemerkte, dass das wunderschöne Einhorn traurig wurde. „Ich bin eigentlich mit den anderen Einhörnern verabredet und muss mich jetzt beeilen. Doch ich finde den Weg zurück nicht mehr.“
„Was macht ihr denn dort und wo genau trefft ihr euch?“, fragte Prinzessin Kathi neugierig. „Alle Einhörner treffen sich regelmäßig an einem geheimen Ort, den ihr Menschen nicht kennt. Dort werden die jungen Einhörner, wie ich, von einem großen Zauberer unterrichtet. Er lehrt uns, wie man sich als Einhorn verhält und wie man die Kraft bekommt, so wunderschön zu strahlen und zu leuchten. Ich muss unbedingt schnell zu dem Treffen.“
Kathi hatte es für einen Augenblick die Sprache verschlagen. Sie war geblendet von der Schönheit dieses Wesens und wollte das Einhorn unbedingt streicheln. Doch das Einhorn ließ sich nicht streicheln. Prinzessin Kathi war verärgert: „Na mach schon! Der Wald gehört meinem Vater, dem König von Waldeshausen! Du befindest dich also auf Grund und Boden unseres Königreichs und hast mir zu gehorchen!“
Das Einhorn wurde immer blasser und war kaum noch zu erkennen. Es sagte: „Du bist sehr unfreundlich, das mag ich nicht. Nicht jedes Wesen wird dir gehorchen, nur weil Dein Vater ein König ist. Wir Einhörner sind sehr friedliche Wesen und gehen sehr freundlich miteinander um!“ Im Nu verschwand das wundersame Geschöpf und hinterließ einen glitzernden Nebelschweif. Kathi stand ganz verdutzt da. Das jemand ihr nicht gehorchte, kannte sie bisher nicht.
Als sie in den Königspalast zurückkehrte verlangte sie von ihrem Vater, dass er ihr das seltsame Einhorn einfangen sollte. „Vater, ich will dieses glitzernde Zauberwesen unbedingt besitzen. Es sieht so wundervoll aus!“ Darauf sagte der König: „Liebe Kathi, das würde ich gern tun, nur diesen Wunsch kann ich dir ausnahmsweise nicht erfüllen. Zauberwesen lassen sich nicht einfangen. Deren Aufmerksamkeit muss man sich verdienen.“ Nachdenklich ging Kathi in ihr Zimmer.
Bei jedem Ausflug in den Wald besuchte Kathi erneut die Lichtung. Sie wollte das Wesen unbedingt wiedersehen. Sie versuchte es mit Leckereien anzulocken, aber das Einhorn ließ sich einfach nicht blicken.
Nachts träumte sie davon, wie sie auf dem weißen Rücken des Einhorns durch den Wald ritt und an der geheimen Versammlung der Einhörner teilnehmen durfte. Sie staunte, wie höflich und liebenswürdig alle Einhörner miteinander umgingen. Doch dann veränderte sich der Traum. Kathi sah sich in ihrem Traum plötzlich selbst. Sie sah, wie sie einen der Diener anschrie und wie herablassend sie mit den Schneiderinnen umging. Kathi wachte aus ihrem Traum auf und konnte nicht mehr einschlafen. Sie grübelte die ganze Nacht und nahm sich ganz fest vor, ab dem nächsten Morgen eine bessere Prinzessin zu sein.
Am nächsten Morgen wachte sie früh auf und zog das schlichteste Kleid an, das sie besaß. Sie rannte die vielen Treppen zum Speisesaal herunter und setzte sich an den riesigen Tisch, der nur für sie gedeckt war. Kathi merkte, dass sie gar keinen Hunger hatte und lief zur Küche. „Guten Morgen Mathilda, du brauchst mir heute kein Frühstück zu machen. Mir reicht für heute Morgen ein Apfel und ein Glas Milch völlig aus. Die Küchenhilfe sah die anderen Angestellten an und konnte ihren Ohren kaum trauen. Kathi schnappte sich den Apfel und die Milch und lief eilig hinaus.
Dort traf sie den Kutscher, der bereits die Pferde fütterte und für den Ausritt bereit machte. „Hallo Benjamin, darf ich dir beim Füttern der Pferde helfen?“ Ohne die Antwort von Benjamin abzuwarten, hatte eines der Pferde Kathis Apfel bereits verputzt. „Super! Das macht ja richtig viel Spaß!“ rief Kathi fröhlich.
Die kleine Prinzessin nahm sich für die nächsten Tage vor, auch das Leben der Schneiderinnen etwas zu erleichtern. Sie arbeiteten manchmal tagelang an den Sonderwünschen der Prinzessin und erhielten fast nie eine Aufmerksamkeit. Kathi hatte bei ihrem letzten Ausflug eine schöne Blumenwiese gesehen und wollte am nächsten Tag einen großen Strauß voller bunter Blumen für sie pflücken. „Ich bin jetzt schon gespannt, ob sie ihnen gefallen“, dachte Kathi.
Nach wie vor machte Kathi täglich den Ausritt mit der Kutsche durch den Wald. Als sie schon gar nicht mehr damit rechnete, das wundersame Zauberwesen jemals wiederzusehen, erschien das Einhorn eines Tages auf der gleichen Waldlichtung, wie beim ersten Mal. Doch diesmal kam es ganz nah an Kathi heran. Sie konnte den Sternenstaub auf ihrer Haut spüren und den einzigartigen Blumenduft des Einhorns riechen. Sie war unglaublich aufgeregt.
Das Einhorn kam auf Kathi zu und ließ sich von ihr streicheln. Dann kniete es sich vor ihr nieder und ließ sie auf seinen Rücken aufsteigen. Kathi war völlig sprachlos, aber glücklich, wie nie zuvor. Sie ritten lautlos wie auf Samtpfoten durch den Wald, eingehüllt in einen feinen Silberstaub. Das Einhorn zeigte der Prinzessin den Silbersee – den geheimen Treffpunkt der Einhörner. Der bunte Regenbogen hinter dem See spiegelte sich im Wasser in den allerschönsten Farben wider. Kathi fühlte sich wie verzaubert!
Sie verstand, dass der Ausritt zu dem geheimen Treffpunkt ein großer Vertrauensbeweis war. Sie wusste, dass sie dieses Geheimnis sorgfältig hüten und bewahren musste. In diesem Moment begann zwischen den beiden eine tiefe Freundschaft, die das Leben der Prinzessin für immer verändern sollte.
Zu Hause im Königspalast erkannte man Kathi kaum wieder. Die Diener und Angestellten staunten nur. Kathi hatte ihre schlechte Laune verloren. Sie kümmerte sich plötzlich sehr liebevoll um die Tiere des Hofes und war zu den Angestellten höflich und nett geworden.
Natürlich merkte auch der König die Veränderung seiner Tochter. Er lächelte und war stolz auf sie. Nun wusste er, dass sein geliebtes Mädchen eines Tages eine gute und herzliche Königin werden würde! „Fast wie Zauberei…“, dachte er sich und lächelte sanft in Richtung Waldlichtung!
Weitere Geschichten:
Weitere interessante Artikel:
Eine wunderschöne Geschichte!
Ich liebe sie! 🥰
Vielen Dank☺️
Eine wirklich sehr schöne Geschichte, die sich super lesen lässt. Meine Tochter ist nun bereits das 3te mal dabei eingeschlafen. Sie hat die perfekte Länge und das Ende beschert mir immer wieder Gänsehaut. Wundervoll!
Habe diese Geschichte einer Freundin vorgelesen, sie ist direkt eingeschlafen.
Wir sind begeistert 🙂 Eine hübsche Geschichte. Danke
Meine Freundin ist bei der ersten Seite schon eingeschlafen.
Danke – tolle Geschichte!
Meine kleine ist gleich eingeschlafen, super Geschichte
Vielen Dank für die tolle Geschichte!
Eine grossartige Geschichte, vielen Dank
sehr schön😍
Sehr gut zum Vorlesen
Es war eine sehr tolle Geschichte.
Ich bin beeindruckt.
Sehr gut!
Die Geschichte habe ich meinen Kindern vorgelesen und sie waren begeistert von der schönen Geschichte. Vielen Dank
die Geschichte war gut!
Meine Frau ist direkt eingeschlafen. Sehr schöne Geschichte, danke ❤️
Ich habe es meiner Tochter Clara vorgelesen und sie fand die Geschichte supergut
Mein Freund fand die Geschichte wirklich sehr toll und die vom Kater Leo am meisten. Bei denen schläft er immer ein.
Das finde ich auch meine Schwester, ist direkt eingeschlafen