
Die kleine Schnecke Mathilda kroch langsam durch den Garten. Es war Abend geworden, und die Sonne schickte ihre letzten Strahlen durch die Blätter. Mathilda mochte diese Zeit, wenn der Garten zur Ruhe kam und alles ein bisschen leiser wurde.
Heute hatte sie einen Plan. Sie wollte ihr Lieblingsblatt wiederfinden, das der Wind am Vortag fortgeweht hatte. Es war groß, grün und hatte eine feine Maserung, auf der sie oft geruht hatte.
Sie kroch am Kürbisbeet entlang, bog am Gänseblümchen vorbei und schob sich vorsichtig unter einem alten Ast hindurch. „Gestern lag es doch noch hier“, murmelte sie etwas enttäuscht.
Am Lavendel traf sie die Grille Gustav, die gerade ihre Flügel putzte. „Gustav, hast du vielleicht mein schönes Blatt gesehen? Es ist groß und riecht nach Sommerregen.“
Gustav kratzte sich am Bein. „Ich habe gestern ein solches Blatt Richtung Wurzelbeet fliegen sehen. Vielleicht liegt es dort.“
Mathilda bedankte sich und kroch weiter. Das Wurzelbeet lag am Rand des Gartens, wo es schon ein wenig nach kühler, nasser Erde roch. Zwischen den großen grünen Blättern entdeckte sie ein paar knackige Möhren, die aus der Erde ragten.
„Die sehen ja köstlich aus!“, rief Mathilda. Sie schnupperte daran und nahm einen kleinen Bissen. Die Möhre schmeckte süß und frisch.

Zufrieden machte sie sich wieder auf den Weg. Hinter dem Rosmarinstrauch begegnete sie Lilli, der Marienkäferdame. „Hallo Mathilda, du siehst so aus, als würdest du etwas suchen.“
„Mein Lieblingsblatt ist verschwunden.“
Lilli dachte kurz nach. „Ich habe ein Blatt gesehen, das am großen Brombeerstrauch hängen blieb. Schau doch dort mal nach.“
Mathilda kroch in der schwachen Abendsonne zum Brombeerbusch. Die letzten Beeren glänzten dunkelviolett im Licht des Abends. Sie kostete eine, dann zwei, dann drei…..und schmatzte leise vor Genuss.
„Sind die süß!“, murmelte sie und leckte sich die Fühler ab. Dann sah sie sich erneut nach dem Blatt um, doch fand es nicht.
Ein Stück weiter traf sie Bruno, den alten Laufkäfer. „Hallo Mathilda! Suchst du etwas Bestimmtes?“
„Mein Blatt, mein schönes Blatt!“, entgegnete sie. „Es war mein schönster Ruheplatz.“
Bruno überlegte. „Ich glaube, ich habe es bei den Gurken gesehen, dort hat der Wind gestern so heftig geweht.“
Mathilda bedankte sich und machte sich auf zum Gurkenbeet. Zwischen den großen, stacheligen Blättern versteckten sich saftige grüne Gurken.
Sie nahm ein kleines Stück und kaute zufrieden. „Knackig und kühl, wie ich es mag.“ Stellte sie zufrieden fest.
Sie kroch weiter und traf an einer Gartenmauer den Nachtfalter Clara. Clara hatte immer alles gut im Blick.
„Du suchst ein Blatt? Vielleicht hat es sich in den Salatköpfen verfangen?“
Mittlerweile war Mathilda ziemlich erschöpft. Die Wege waren weit und sie kam nur langsam voran. Vorsichtig bewegte sie sich zum Salatbeet und staunte. Die Blätter waren riesig und frisch. „Die habe ich bisher ja noch gar nicht entdeckt.“ Sie biss hinein und schloss dabei genüsslich die Augen.
„Ich könnte glatt hierbleiben“, murmelte sie mit vollem Mund. Doch sie erinnerte sich an ihr Ziel und kroch ermüdet weiter.
Hinter dem Salat, halb versteckt im Gras, entdeckte sie einen alten Tontopf. Der Wind wurde leiser, und die Dämmerung legte sich weich über den Garten. Mittlerweile war es fast dunkel. Über ihr summten ein paar Mücken und Glühwürmchen schwirrten durch die warme Luft.
Neugierig umrundete sie den alten Tontopf und hielt inne. Zwischen Moos und Gras lugte ein glänzendes, kräftiges Blatt hervor.
Vorsichtig kroch sie um den Topf herum. „Da bist du ja!“, rief sie freudig.
Mathilda kroch darauf, rund, satt, müde und vor allem zufrieden.
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