Zwei Spatzen und der Traum vom Meer

Zwei Spatzen und der Traum vom Meer
Zusammenfassung:
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Die beiden Spatzen Pelle und Piet träumen von einem paradiesischen Strand, den sie auf einer Werbeanzeige entdeckt haben. Fest entschlossen, diesen Ort zu erreichen, begeben sie sich auf eine abenteuerliche Reise. Der Weg führt sie durch die graue Großstadt, über weite Felder und schließlich in die wunderschöne Natur. Doch werden sie ihr Traumziel wirklich erreichen?

„Hast du das auch gesehen?“, rief Piet seinem besten Freund zu. Mit aufbrausenden Flügelbewegungen gab er Pelle zu verstehen, dass er langsamer fliegen sollte, um sich besser unterhalten zu können. 

Auf gleicher Höhe angekommen, sah Pelle seinen besten Freund neugierig an. Im Sinkflug flitzten die beiden Spatzen mit hastigen Flügelschlägen an den Dächern der Großstadt vorbei.

Heute war wieder mal ein ganz besonders grauer Tag. Der Himmel war von Wolken übersät und über den Straßen hing ein träger grauer Dunst, der so zäh war, dass Piet und Pelle jedes Mal ein bisschen Sorge hatten, darin für immer zu verschwinden. 

Pelle musste sich anstrengen, um Piet zu folgen. Nur ein paar Flügelschläge langsamer und er hätte seinen Freund im dicken, festen Nebel verloren. 

Auf der Straße unter ihnen herrschte ein hektisches Treiben. Etliche Autos und Busse reihten sich mit blinkenden Lampen hintereinander auf. 

Eine Baustelle verursachte tosenden Lärm und auf den Bürgersteigen rannten etliche Menschen mit schwarzen Regenschirmen über die Zebrastreifen der überfüllten Straßen. Ihre Blicke waren alle zum Boden gerichtet. 

„Wahrscheinlich hatten sie Sorge, in eines der Baustellenlöcher zu fallen oder in eine tiefe Pfütze zu treten“, überlegte Piet. „Es ist wirklich alles andere als schön hier, da muss ich dir Recht geben“, murmelte Pelle. 

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Genau in diesem Moment schreckte er von einem lauten Hupen auf. Ein Bus schaffte gerade noch rechtzeitig zu bremsen, als sich plötzlich die Bahnschranken schlossen.

Einige Sekunden später rauschte ein Güterzug mit ohrenbetäubendem Lärm über die polternden Gleise. Er war so schnell, dass Pelle beim Anblick richtig schwindelig wurde. „Ich würde so gern mal etwas anderes sehen“, sagte er schwermütig.

Piet hörte seinen Freund klagen und war nun noch mehr bestärkt darin, ihm seine heutige Entdeckung zu zeigen. Er gab Pelle zu verstehen, gemeinsam auf einer alten Straßenlaterne zu landen. Sie stand in einer kleinen Seitengasse, fernab des hektischen Großstadttrubels.

Als Pelle landete und sich neben Piet setzte, blickten beide geradewegs auf eine leuchtende Werbeanzeige. Vor ihnen lag ein wunderschöner, weißer Sandstrand, der von großen, grünen Palmen eingerahmt wurde. 

Es schien fast so, als würde ihnen das blaue Meer sanft entgegen plätschern. Beide Spatzen versanken in dem wunderschönen Anblick und vergaßen dabei das trostlose Grau um sie herum. 

Piet hörte Pelle tief durchatmen. „Ich spüre förmlich den warmen Wind durch meine Federn wehen. Wie sich wohl der feine Sand unter den Krallen anfühlen mag?“ 

Die beiden Freunde blieben eine Weile so sitzen und träumten vom paradiesischen Strand. Sie beschlossen, von nun an jeden Tag zu diesem Platz zu kommen. 

Am nächsten Morgen machten sich die beiden wieder auf den Weg. Doch als sie sich gerade der alten Straßenlaterne näherten, sahen sie dort einen anderen Vogel sitzen. 

Er war groß und imposant, hatte einen langen schmalen Hals und große Flügel. Langsam begannen sie mit dem Landeanflug und fragten höflich, ob sie sich dazusetzen dürften. 

Nickend willigte der Vogel ein. Es war ein Storch, da waren sie sich jetzt ziemlich sicher. 

Die beiden Spatzen begannen wieder im schönen Anblick zu versinken und schwärmten fröhlich vor sich hin. „Ihr zwei träumt wohl von der weiten Ferne?“, fragte der Storch und widmete sich schmunzelnd wieder seiner Gefiederpflege. „Ihr habt Recht, es ist wirklich traumhaft schön dort. Die unendliche Weite und die Sonnenaufgänge am Meer…“ 

Pelle unterbrach den Storch aufgeregt, als dieser gerade weiter erzählen wollte. „Du warst also schon einmal dort?“ 

Ungläubig und zugleich begeistert schauten sich die beiden Spatzen an. „Wir möchten auch unbedingt einmal an diesen Ort! Schon bald wollen wir aufbrechen und dorthin fliegen.“ 

Nun musste der Storch laut auflachen. „Ihr zwei seid doch Spatzen oder täusche ich mich da? Ich denke nicht, dass ihr jemals dorthin fliegen werdet. Oder anders ausgedrückt… ihr könnt es natürlich versuchen, aber ich glaube nicht, dass ihr dort heile ankommen werdet!“

Pelle und Piet sahen sich verdutzt an. Bevor sie dem Storch antworten konnten, fragte er: „Wie wollt ihr mit euren kleinen Flügeln eine so lange Strecke zurücklegen? Ich kenne keinen einzigen Spatzen, der das jemals gemacht, geschweige denn überhaupt nur versucht hat.“

Entschlossen blickten sich die beiden Freunde an und antworteten dem Storch: „Wir werden die Reise antreten, koste es, was es wolle!“

Der Storch war imponiert, wollte es aber nicht so Recht zugeben. „Na gut, wie ihr meint! Es ist eine beschwerliche Reise, die ihr da auf euch nehmen wollt.“ 

Er berichtete den beiden Spatzen von der Route, erklärte ihnen ein paar wichtige Dinge über den Gegenwind, über das Einteilen der Kräfte, über Hindernisse und mögliche Rastplätze. 

Sie verabschiedeten sich voneinander und als Pelle und Piet von der Laterne Richtung Himmel abhoben, sah der Storch den beiden kleinen Vögeln etwas besorgt hinterher. 

Die nächsten Tage verbrachten Pelle und Piet damit, ihre Reiseroute zu planen und noch einmal alles in Ruhe zu besprechen, was der Storch ihnen zuvor erklärt hatte. 

Sie packten die nötigsten Dinge zusammen und futterten sich noch einmal ordentlich Speck an. „Morgen geht es endlich los!“, rief Pelle voller Vorfreude. 

Endlich war es soweit. Sie hoben ab und flogen los. Genau so, wie sie es geplant hatten. Zuerst überquerten sie ihre Stadt. 

Sie beobachteten ein vorerst letztes Mal das hektische Treiben, die vorbei rauschende U-Bahn und verabschiedeten sich innerlich von all dem Lärm und der schlechten Luft, die sie schon viel zu lange eingeatmet hatten. Sie flogen über Kanäle und Wiesen, Felder und Bauernhöfe und merkten schon nach einem Tag, wie schwer ihre kleinen Flügel wurden. 

„Tut dir auch alles weh?“, fragte Piet seinen Freund. „Ja! Aber daran gewöhnen wir uns bestimmt und dann wird alles wieder besser. Der Storch hatte uns doch gesagt, wie anstrengend es werden wird.“ 

So flogen die beiden Tag für Tag weiter, doch die Landschaft unter ihnen veränderte sich kaum. „Ich glaube, wir kommen kaum voran!“, stellte Piet erschöpft fest. „Meinst du wir werden es wirklich bis ans Meer schaffen?“ 

Etwas entmutigt flogen die beiden weiter. Da kam Pelle eine Idee. „Sieh mal, da unten!“, rief er aufgeregt. Unter ihnen ratterte es laut. Eine Eisenbahn ruckelte auf schweren Schienen durch die Landschaft. 

„Wir fahren einfach ein bisschen mit und schonen unsere Kräfte“, schlug Pelle vor. In Windeseile flogen die beiden der Eisenbahn hinterher und fanden einen kleinen Unterschlupf am letzten Waggon. 

Endlich konnten sie ein bisschen rasten und schlafen. Als sie am nächsten Morgen aufwachten, war das Ruckeln nicht mehr zu hören. „Nanu?“, wunderten sich die beiden. 

Sie blickten aus ihrem Versteck hervor und sahen, dass der Zug nicht mehr weiterfuhr.  „Los, wir fliegen weiter! Wir dürfen keine Zeit verlieren“, rief Pelle. Sie machten sich also wieder auf den Weg und flogen weiter Richtung Süden. 

Doch schon nach einigen Stunden merkten sie, dass ihre kleinen Flügel immer schwerer wurden. „Es ist wirklich anstrengend!“, murmelte Pelle. 

In dem Moment entdeckte Piet etwas, was er zuvor noch nie gesehen hatte. Am Horizont schwebte ein riesiger bunter Ball an dem ein Korb befestigt war. 

„Was zum Kuckuck ist das?“, fragte Piet. Doch auch Pelle hatte so etwas noch nie gesehen. Die beiden flogen neugierig zu dem unbekannten Objekt, das scheinbar ohne jegliche Kraftanstrengung am Himmel schwebte und sich geruhsam fortbewegte. 

„Hier können wir es uns doch eine Weile in dem Korb gemütlich machen!“, schlug Piet begeistert vor. Und so ließen sich die zwei von einem Heißluftballon durch die Abenddämmerung transportieren. 

Sie genossen den Flug in vollen Zügen und sammelten ein paar Krümel auf, die mitreisende Menschen verloren hatten. In dieser Nacht war kein Wölkchen am Himmel und die beiden Freunde konnten jeden einzelnen Stern am Himmel bestaunen. 

Sie blieben die ganze Nacht wach und saßen bis zum Morgengrauen auf einem der dicken Seile, das den Korb am Ballon befestigte. 

Nun konnten sie die Landschaft, die sich unter ihnen auftat beobachten. Unter ihnen war weit und breit kein plattes Land mehr zu sehen. Soweit das Auge reichte, kamen plötzlich immer mehr Hügel und Täler zum Vorschein. 

„Wow“, flüsterte Piet begeistert. „Ich glaube, wir haben es geschafft! Am Horizont sahen sie Wasser, viel Wasser. Es war leuchtend blau und schimmerte im wunderschönen Morgenrot der Sonne. „Genau so hat der Storch es doch beschrieben“, freuten sie sich. 

Die zwei flogen hinab, ließen den Ballon hinter sich und suchten nach einem geeigneten Landeplatz. Sie sahen sich um und erkannten dann, dass es nicht das Meer und der Strand von der Werbeanzeige war. 

„Ist doch ganz egal“, zwitscherte Pelle. „Wir sind eben woanders gelandet, aber es ist mindestens genauso schön!“

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