Die Geschichte vom Nebelgeist

Zusammenfassung:
Vorlesedauer Icon Vorlesedauer: ca. 6 min
Hinweis: passend zu Halloween ist diese Geschichte ein bisschen gruselig. Am letzten warmen Herbstabend lauschen die jungen Waldbewohner gespannt der Legende vom Nebelgeist. Um ihn zu vertreiben, sollen sie Kürbislaternen schnitzen. Doch als der Nebel dichter wird, zeigt sich, ob das Licht wirklich stark genug ist, um die Dunkelheit fernzuhalten.

Als die Sonne unterging, trafen sich die Tiere des Waldes an einer einsamen Lichtung. Dort saßen sie dicht an dicht und wärmten sich am lodernden Feuer. Wie jedes Jahr versammelten sie sich am letzten sonnigen Tag des Jahres.

Vor allem die jungen Tiere waren gespannt und ängstlich zugleich. Sie hatten bereits unzählige Geschichten von der alten Legende gehört und auch heute warteten alle gespannt auf ihren Plätzen, um dem alten Wolf bei seinen Erzählungen zuzuhören.

Während er sprach, knisterte das lodernde Feuer, und bei jedem Schritt, den der Wolf machte, knackte es bedrohlich am Boden. Und als der Wolf seine Zuhörer immer wieder umkreiste und sein Schatten große, schwarze Umrisse auf die Lichtung warf, begannen die jüngsten Tiere zu zittern und zu schlottern.

Doch der alte Wolf ließ sich davon nicht beeindrucken und begann zu erzählen: „Jedes Jahr im Herbst, wenn die Nächte länger und dunkler werden, erwacht eine unheimliche, mystische Gestalt, die in der Dunkelheit ihr Unwesen treibt. Wir nennen sie den Nebelgeist!“

Er sprach dabei leise, und seine Stimme war noch tiefer als gewöhnlich. Die kleinen Waldbewohner hörten bereits zuvor unzählige Geschichten über den Nebelgeist, waren aber bisher zu jung, um an der Versammlung der Waldtiere teilzunehmen.

„Er ist groß wie ein Riese und sein Nebel ist so dicht und fest, dass man die Orientierung verliert und sich darin verfängt, als wäre es ein großes, dichtes Spinnennetz!“, sprach der Wolf. Dabei klang seine Stimme ernst und bedrohlich.

„Wenn der Nebelgeist über den Wald zieht, verbreitet er schreckliche Kälte und alle Lebewesen beginnen schon von Weitem fürchterlich zu frieren“, fügte er im Flüsterton hinzu.

Lustiges Emoji

TIPPKennst du schon unsere beliebten Witze, Flachwitze und Kinderwitze?

Die Zuhörer raunten und setzten sich nun noch enger zusammen. Ihr Blick war auf den dunklen Wald hinter der Lichtung gerichtet. Da begann der Wolf erneut zu sprechen: „Es kann jeden Moment soweit sein. Der Nebelgeist warnt uns nicht vor. Wen er erwischt, wird schrecklich frieren oder in seinem klebrigen Gewand für immer feststecken.“

„Nun hört mir gut zu!“, sagte er und hob seinen Zeigefinger. „Es gibt eine Möglichkeit, den Nebelgeist aufzuhalten!“ Erleichterung machte sich breit. „Ja! Es ist möglich, den Nebelgeist zu vertreiben.“

Erneut war ein Raunen am Lagerfeuer zu hören. „Lieber Wolf. Nun sag uns doch bitte, wie wir diesen Geist vertreiben können“, bat der Dachs. 

„Um den Nebelgeist fernzuhalten oder gar zu vertreiben, brauchen wir Licht. Er liebt die Dunkelheit, weil er sich dann ungestört durch den Wald bewegen kann. Ich rate euch also, eure Behausungen, eure Nester und Unterschlüpfe mit hellem Licht vor dem Nebelgeist zu schützen.“ Die Tiere waren erleichtert und schauten einander fragend an.

„Wir sollten bereits morgen mit dem Bau der Laternen beginnen. Dafür werden wir Kürbisse benötigen und diese unten im Tal ernten müssen“, schlug der Wolf energisch vor. Alle Waldbewohner waren mit der Idee des Wolfs einverstanden. Erleichtert verabschiedeten sie sich voneinander und verabredeten sich für den nächsten Morgen an der alten Eiche am Rande der Waldlichtung. 

Unten im Tal angekommen begannen sie mit der Ernte. Die Kürbisse waren reif und erstrahlten in einem saftigen Orange. „Wenn wir die Kürbisse aushöhlen, können wir eine köstliche Suppe daraus zubereiten und uns davon für den Winter stärken“, beschlossen sie gemeinsam.

Sie ernteten sorgfältig einen Kürbis nach dem nächsten und verfrachteten sie in großen Körben aus geflochtenen Ästen. Als alle Körbe befüllt waren, schoben sie die schwere Fracht gemeinsam zurück in den Wald.

Noch am selben Tag begannen sie damit, die Kürbisse auszuhöhlen und aus ihnen Laternen zu schnitzen. „Der Rauch und das Licht wird den Nebelgeist vertreiben!“, hörten sie den Wolf sagen. Als alle Laternen vorbereitet waren, verabredeten sie sich für den nächsten Tag zur Abenddämmerung.

Sie versammelten sich bei anbrechender Dunkelheit und begannen gerade mit ihrem Marsch, als plötzlich ein starker, eisiger Wind aufkam. Die Tiere begannen sich zu fürchten.

Ihre zuvor erleuchteten Laternen erloschen wie von Zauberhand. Nun bekamen es alle mit der Angst zu tun. Hatte der Wolf ihnen nicht die Wahrheit gesagt? Konnten sie den Nebelgeist etwa gar nicht vertreiben?

Tapfer gingen sie nun durch die Finsternis. Sie froren und wünschten sich ihren behaglichen Bau zurück. Gerade als sie umkehren wollten, streifte an ihnen etwas Eisiges, Nebliges, Düsteres vorbei.

Über sie legte sich eine klebrige, feuchte Schicht. Sie hatten das Gefühl als würde sich ein festes Spinnennetz über ihnen ausbreiten.

Da sagte der Wolf: „Das ist er. Der Nebelgeist, er ist hier! Wir haben es nicht geschafft.“ Einige der Tiere begannen zu zappeln und zu schluchzen und versuchten den klebrigen, kalten Nebel von sich zu ziehen. Doch er war dickflüssig und zäh wie Honig.

Nun legte sich auch die Dunkelheit über sie wie eine finstere Wand. „Genau wie es der Wolf beschrieben hat“, flüsterten die Tiere verzweifelt. Und gerade als sie dachten, dass sie für immer im düsteren Kleid des Nebelgeistes gefangen blieben, kam ihre Rettung herbei.

Ein großer Schwarm Glühwürmchen flog über die Köpfe der Waldbewohner und suchte sich einen Weg durch den dichten Nebel. Anders als die kleinen Kerzen, konnte man ihr Licht nicht durch einen kalten Windzug erlöschen. Sie setzen sie sich munter in die Kürbisse und erleuchteten im Nu die vielen Laternen der Tiere.

Plötzlich hörten sie ein Ächzen und Krächzen und bemerkten, wie sich der feste Umhang aus kaltem, nassem und klebrigem Nebel über ihre Köpfe hinweg aufzulösen begann. Der Nebelgeist kniff seine Augen zu, nahm sein Gewand und verschwand im Dickicht des Waldes.

Nichts machte ihm so sehr zu schaffen, wie die Helligkeit. Die geretteten Waldbewohner jubelten und hielten die Laternen hoch über ihre Köpfe. Sie bedankten sich bei den Glühwürmchen und kehrten nach Hause zurück. Ab diesem Tag achteten sie darauf, dass die Laternen vor ihren Bauten zu keiner Zeit erloschen. 

Weitere Gute-Nacht-Geschichten:

Weitere interessante Artikel:

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert