Brieftaube Betty und das große Rennen

Brieftaube Betty und das große Rennen
Zusammenfassung:
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Auf der Insel wird das große Taubenrennen angekündigt, und alle sind sich sicher: auch dieses Jahr wird Wim wieder gewinnen. Doch die kleine Brieftaube Betty träumt davon, selbst mitzufliegen.

Auf dem Marktplatz herrschte geschäftiges Treiben. Die Tauben flatterten aufgeregt umher, schnatterten durcheinander und pickten da und dort ein paar herumliegende Körner auf. Es war der Tag, an dem die Ankündigung für das große Rennen gemacht wurde, und alle sprachen darüber. Betty, die kleinste und flinkste Taube der Insel, hockte unauffällig auf einem Fenstersims und spitzte neugierig die Ohren.

„Wim wird sicher wieder gewinnen!“, rief eine dicke Taube namens Gustav. „Er ist der stärkste Flieger weit und breit!“

„Aber hast du gehört?“, gurrte eine andere Taube aufgeregt. „Das Rennen soll dieses Jahr schwieriger sein als je zuvor! Stärkere Winde, ein Nebelfeld und der Weg über die Klippen wurden hinzugefügt!“

Betty lauschte gebannt. Ihre Flügel zuckten leicht, während sie darüber nachdachte, wie es wohl wäre, selbst daran teilzunehmen. Noch nie hatte jemand eine so kleine Taube im Rennen gesehen. Sie stellte sich vor, wie sie sich durch die Lüfte schlängelte, den Wind spürte und geschickt durch die Engstellen navigierte. 

Plötzlich verkündete Wim: „Das große Rennen findet in einer Woche statt! Wer wagt es, gegen mich anzutreten?“ Die anderen Tauben gurrten begeistert. Betty hörte weiter zu, während sie auf ihrem Platz unter der alten Eiche saß. Ihr Herz klopfte schneller. War es wirklich so verrückt, daran zu denken, mitzumachen? 

„Ach Betty, du bist doch viel zu klein,“ sagte Lilli, die immer ein wenig zu laut sprach. „Solche Rennen sind nichts für dich.“

Am Abend saß Betty allein auf ihrem Lieblingsplatz in einer Astgabel und beobachtete, wie die anderen Tauben ihre Flugmanöver trainierten. Max und Hugo, die besten Freunde von Wim, prahlten lauthals mit ihrer Schnelligkeit.

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„Ich wette, ich bin schneller als der Wind!“, rief Hugo, und Max erwiderte: „Der Wind? Der hat keine Chance gegen mich!“ Betty schmunzelte. Sie war zwar klein, aber sie wusste, dass sie flink und wendig war. „Vielleicht, nur vielleicht…“, murmelte sie leise zu sich selbst.

Am Tag des Rennens war der Marktplatz voller Tauben. Wim stand wie immer ganz vorne, flankiert von Max und Hugo, seinen treuesten Begleitern. Betty schlich sich etwas nervös in die letzte Reihe. Niemand bemerkte sie – bis die Startglocke ertönte, und die Tauben sich mit einem tosenden Flattern in die Lüfte erhoben.

Die erste Etappe führte über das offene Meer, wo die starken Winde so manchen aus der Bahn warfen. Wim, Max und Hugo kämpften mit breiten Flügelschlägen, doch Betty hielt sich klug am Rand der Gruppe, wo der Wind schwächer war.

Sie beobachtete, wie die anderen mit den Böen rangen, und nutzte die Gelegenheit, um an ihnen vorbeizuziehen. Am Horizont konnte sie den alten Leuchtturm sehen, wo Inselwart Hannes gerade die Fahne gehisst hatte. Sein rotes Dach leuchtete wie ein Signal in der Ferne. „Danke, Hannes,“ dachte Betty, „du zeigst mir den Weg.“

Im zweiten Abschnitt mussten die Tauben über die Klippen fliegen, die mit plötzlichen Böen und tückischen Aufwinden aufwarteten. Wim flog vorneweg, doch seine Kraft schien nachzulassen.

Max war schon weit abgeschlagen, und Hugo schaffte es kaum, die Höhe zu halten. Betty hingegen war in ihrem Element. Ihre kleinen Flügel machten sie wendig, und sie schoss wie ein Pfeil durch die Luftströmungen.

Auf halbem Weg sah sie Hugo auf einem Felsen sitzen, verwirrt und erschöpft. „Hugo, alles in Ordnung?“, fragte Betty. Hugo nickte schwach. „Ich habe mich verflogen. Der Wind hat mich einfach weggedrückt.“

Betty überlegte nicht lange. „Komm mit, ich kenne einen sicheren Weg“, sagte sie und führte ihn an den Klippen entlang. „Du musst dich immer an den großen Felsen orientieren“, erklärte sie. Hugo folgte ihr und schaffte es, wieder auf Kurs zu kommen. „Danke, Betty! Ohne dich hätte ich aufgegeben“, sagte er dankbar.

Die letzte Etappe führte durch einen dichten Nebel, der die Tauben umhüllte wie ein graues Tuch. Viele blieben stehen oder kreisten unsicher. Wim war noch immer vorn, aber er flatterte unruhig, ohne klare Richtung.

Betty suchte nach den vertrauten Wegpunkten, die sie von ihren Flügen um die Insel kannte. Wieder war es der Leuchtturm, dessen Licht schwach durch den Nebel schimmerte. Sie hielt sich daran fest, während die anderen unschlüssig blieben. „Fast geschafft“, dachte sie und hielt ihren Kurs.

Als Betty aus dem Nebel auftauchte, war sie plötzlich ganz allein. Vor ihr lag die Ziellinie, und die anderen Tauben waren weit zurückgeblieben. Mit einem letzten kräftigen Flügelschlag überquerte sie die Linie. 

Die anderen Tauben trudelten nach und nach ein. Wim kam keuchend als Zweiter ins Ziel, mit zerzausten Federn und einem verdutzten Blick. „Wie hast du das geschafft?“, fragte er ungläubig.

Hugo platzte heraus: „Betty hat mir den Weg gezeigt! Sie ist die Einzige, die wirklich wusste, wohin sie wollte.“ Die anderen Tauben stimmten ein. „Betty ist eine Heldin!“, rief Lilli, und Max nickte zustimmend.

Während die Tauben jubelten, schaute Betty zum Leuchtturm hinüber. Hannes stand oben auf der Galerie und winkte ihr zu. Sie lächelte und flatterte stolz mit den Flügeln.

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